
Schnell weg
Auf dem Bild sieht man mich, Susanne, bei der Planung der Küche für das neue Projekt in der Kauergasse 2 in Wien. Wir wollen schnell weg von der Hochwasser-Gefahr in St.Pölten. Hier haben wir bisher gewohnt und waren vom Hochwasser im September schwer betroffen. Es ist absehbar, dass das Hochwasser wiederkommt, denn St. Pölten steht bereits an der Spitze der Versiegelungen und weist laut GTIF-Datenbank, die mit ESA-Daten eine maximale Oberflächentemperatur von bis zu 57 Grad auf.
Unsere neue Wohnung in der Kauergasse wird in einem Wohnprojekt sein, welches zeigt, wie nachhaltige Stadterneuerung aussehen kann. Es handelt sich um ein typisches Gründerzeithaus, welches umfassend modernisiert wurde: Nach dem EnerPHit-Standard saniert, mit Holz aufgestockt und mit Photovoltaik, Dach- und Fassadenbegrünung ausgestattet.
Grauwasser marsch
Ein zentrales Element des Projekts ist die Bauwerksbegrünung – versorgt durch ein innovatives Grauwasser-Bewässerungssystem. Dabei wird leicht verschmutztes Abwasser (z. B. aus Duschen) aufbereitet und für die Pflanzenbewässerung, WC-Spülung und Raumkühlung verwendet.
Dazu wurde im Frühjahr 2024 die Fassadenbegrünung des Hauses in der Kauergasse mithilfe einer sogenannten „Living Wall“ umgesetzt. Zum Einsatz kam ein modulares, wandgebundenes System der Firma Sempergreen (Urbanscape). Das gesammelte Grauwasser wird vorgereinigt, in einem Tank gespeichert und über ein automatisches System zur Bewässerung der Pflanzen genutzt.
Diese vertikale Begrünung bringt nicht nur eine optische Aufwertung, sondern hat auch ökologische Vorteile: Sie verbessert das Mikroklima, fördert die Artenvielfalt und trägt zur Luftreinigung bei. Ergänzend dazu wurden extensive Dachbegrünungen, begrünte Balkone und ein begrünter Innenhof umgesetzt. Einige Wohnungen sind über den Innenhof und eine Laube zugänglich.
Forschungsprojekt greenWATERrecycling
Die dafür verwendete Technologie wurde im Forschungsprojekt „greenWATERrecycling“ entwickelt und in diesem Demonstrationsgebäude erstmals praktisch erprobt. Erste Vorversuche fanden im Labor der Universität für Bodenkultur (Institut für Ingenieurbiologie und Landschaftsbau) statt. Dort wurde untersucht, wie sich aufbereitetes Grauwasser auf die Vitalität verschiedener Pflanzenarten auswirkt – mit durchwegs positiven Ergebnissen. Rasen, Stadtbäume und Kletterpflanzen zeigten gute Wachstumswerte, wodurch die Eignung von Grauwasser als nachhaltige Bewässerungsalternative belegt werden konnte. Gerade angesichts möglicher Wasserverknappung ist das ein wichtiger Beitrag zur Kreislaufwirtschaft.
Beteiligung der Bevölkerung
Die Grauwasseranlage ist mit dem Aufbau einer Energiegemeinschaft verknüpft. Ziel ist es, der städtischen Bevölkerung einfachen Zugang zu erneuerbaren Energien zu ermöglichen und damit die lokale Energiewende voranzutreiben.
Ein partizipativer Ansatz war und ist ein wichtiger Bestandteil des Projekts und entspricht damit voll und ganz unseren Bedürfnissen. Mit dem mobilen Ausstellungsraum MUGLI von meinem Innovationslabor GRÜNSTATTGRAU wurden die Bedürfnisse und Meinungen der Bewohner:innen im Vorfeld eingeholt. Es ging darum, neue Technologien verständlich zu machen, Akzeptanz zu fördern und Ideen für die Weiterentwicklung zu sammeln. Und diese Beteiligung diente zugleich als Grundlage für die Entwicklung eines übertragbaren Masterplans, der auch in anderen Stadtteilen Wiens und darüber hinaus Anwendung finden kann.